Hinter verschlossenen Türen (33): Die DDR-Sammlung im Haus zum Spittel in Arnstadt
15.06.2012 – 05:45 Uhr
(verfasst von: 15.06.12 / TA) /
Gerade ist eine Vase von Albin Schaedel, dem bekannten Arnstädter Glaskünstler, abgegeben worden. Und ein Umtauschformular von DDR-Mark in Deutsche Mark von 1990.
Von der Schöbel-Single über die Karoschachtel bis zum Stern-Rekorder wurde bei Christian Hühn schon fast alles abgegeben. Fast täglich wird es mehr. Fast jeden Tag kommen Leute bei Christian Hühn vorbei und lassen etwas da. Etwa 20 000 Exponate stapeln sich bereits in den zahlreichen Räumen des Hauses „Zum Spittel“ in der Erfurter Straße in Arnstadt. Einiges davon ist vorn im Schaufenster zu sehen. Aber das meiste wartet hinter verschlossenen Türen darauf, katalogisiert und gezeigt zu werden.
Es sind Dinge, bei denen die Leute nicht so richtig wissen, was sie damit machen sollen. Sie sind nicht lebensnotwendig, aber zu schade zum Wegwerfen. Und mit vielen verbindet sich eine Geschichte. Nicht nur für den ehemaligen Besitzer, sondern auch für den Betrachter. Ja, stimmt, so sah die Orwo-Kassette aus, auf der man damals die West-Hits bei NDR 2 mitgeschnitten hat. Und so die Tasse in der Mitropa. Damals, als eine Bahnhofsgaststätte wie am Arnstädter Südbahnhof noch nichts Exotisches war.
Es gibt viele solcher Sammlungen, auch in Thüringen. Aber keine ist wohl so nah dran an dem tatsächlichen DDR-Alltag wie die im „Spittel“. Sicher, auch hier kann man Honeckers Autobiographie und glänzende Orden finden. Aber zur geflissentlichen Untermalung ideologischer Ansätze scheint das angeschwemmte Strandgut eines untergegangenen Staatsschiffes nicht geeignet. Man kann damit weder in die eine noch die andere Richtung missionieren. Aber man kann stöbern und träumen.
Christian Hühn träumt vor allem davon, die Schätze öffentlich zu präsentieren, nicht nur ausschnittsweise im Schaufenster. Der Goldschmied hat einst mit einer Schenkung den Grundstein für die Sammlung gelegt. Denn als er merkte, dass sein eigenes Reklamemuseum in der Zimmerstraße nicht auch noch die Stücke aus der Zeit nach dem Krieg aufnehmen kann, schenkte er etwa 100 Exponate dem „Spittel“, den er nun selbst als Chef des Kuratoriums betreut. Platz wäre dort, um die Sammlung zumindest teilweise zu präsentieren. Doch das ist Zukunftsmusik. Denn aktuell geht es darum, den Spittel zunächst vor dem Verfall zu bewahren und schrittweise zu sanieren. Was auch heißt, dass die vielen Kartons und Kisten ständig zwischen den Räumen hin- und herwandern müssen.
Niemand weiß genau, was mittlerweile alles im Spittel lagert. Die begonnene Katalogisierung müsste dringend fortgesetzt werden. Vielleicht ab Herbst und mit Hilfe neuer Vereinsmitglieder, hofft Christian Hühn und stellt einen neuen Beutel mit abgegebenen Sachen ab. Neues Altes nimmt er trotzdem gern entgegen – in seinem Laden in der Zimmerstraße.